Das Wichtigste in Kürze:
- Das BFSG gilt seit Juni 2025 für B2C-Websites mit Online-Shops, Buchungssystemen oder Terminvereinbarung
- Kleinstunternehmen mit unter 10 Mitarbeitern UND unter 2 Mio. Euro Umsatz sind ausgenommen
- Viele Anforderungen wie Alt-Texte und Kontraste können ohne Programmierkenntnisse umgesetzt werden
Seit dem 28. Juni 2025 gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz. Wer einen Online-Shop betreibt, Termine über die Website anbietet oder Buchungen ermöglicht, muss handeln. Bußgelder bis 100.000 Euro sind möglich. Abmahnungen durch Wettbewerber auch.
Die gute Nachricht: Viele Anforderungen können Sie selbst umsetzen – ohne Entwickler, ohne großes Budget. Alt-Texte für Bilder, ausreichende Kontraste, Formularbeschriftungen. Diese Grundlagen erledigen Sie an einem Nachmittag. Dieser Artikel zeigt Ihnen, ob Sie betroffen sind und was Sie konkret tun müssen.
Ist Ihre Website vom BFSG betroffen?
Nicht jede Website fällt unter das Gesetz. Drei Fragen klären die Betroffenheit:
Checkliste: Bin ich betroffen?
| Kriterium | Betroffen | Nicht betroffen | |-----------|-----------|-----------------| | Zielgruppe | B2C (Verbraucher) | Reine B2B-Angebote | | Funktionen | Online-Shop, Buchung, Termine | Reine Informationsseite | | Unternehmensgröße | 10+ Mitarbeiter ODER 2+ Mio. Umsatz | Unter 10 MA UND unter 2 Mio. |
Ein häufiger Irrtum: Auch wenn Sie nur ein kleines Kontaktformular oder eine einfache Terminbuchung auf Ihrer Website haben, kann das BFSG greifen. Entscheidend ist die Funktion, nicht der Umfang.
Die wichtigsten technischen Anforderungen
Das BFSG basiert auf den WCAG-Richtlinien, einem internationalen Standard für barrierefreie Webinhalte. Die zehn wichtigsten Anforderungen im Überblick:
- Tastaturzugänglichkeit: Alle Funktionen müssen ohne Maus bedienbar sein
- Sichtbarer Fokus: Bei Tastaturnavigation muss das aktuelle Element erkennbar sein
- Alternativtexte: Jedes informative Bild braucht eine Beschreibung
- Kontraste: Mindestens 4,5:1 für normalen Text, 3:1 für große Überschriften
- Skalierbarkeit: Seite muss bei 200% Zoom nutzbar bleiben
Formulare und Navigation
Formulare erfordern besondere Aufmerksamkeit. Jedes Eingabefeld braucht eine sichtbare Beschriftung, die auch bei Eingabe nicht verschwindet. Placeholder-Texte allein reichen nicht.
Fehlermeldungen müssen klar benennen: Welches Feld ist betroffen? Was genau ist falsch? Wie kann der Nutzer den Fehler korrigieren?
Skip-Links am Seitenanfang ermöglichen es, die Navigation zu überspringen und direkt zum Hauptinhalt zu gelangen. Das spart Zeit für Tastaturnutzer.
Die wichtigsten Anforderungen selbst umsetzen
Viele Barrierefreiheitsprobleme lassen sich ohne Programmierkenntnisse beheben:
Alt-Texte ergänzen
Gehen Sie Ihre wichtigsten Seiten durch und prüfen Sie, ob alle informativen Bilder Alt-Texte haben. Bei WordPress finden Sie das Feld in der Mediathek. Beschreiben Sie, was auf dem Bild zu sehen ist – nicht nur den Dateinamen.
Kontraste prüfen
Testen Sie Ihre Hauptfarben mit dem WebAIM Contrast Checker. Oft genügt es, einen Farbton etwas dunkler oder heller zu machen, um die Anforderung zu erfüllen.
Fokus-Stile aktivieren
Navigieren Sie mit der Tab-Taste durch Ihre Website. Wenn der Fokus unsichtbar ist, hilft eine einfache CSS-Regel: *:focus { outline: 2px solid #005fcc; outline-offset: 2px; }
Kostenlose Tools zur Selbstprüfung
Bevor Sie externe Hilfe holen, können Sie viele Probleme selbst identifizieren:
- WAVE Web Accessibility Evaluator: Analysiert Seiten auf häufige Probleme
- axe DevTools: Browser-Erweiterung mit konkreten Lösungsvorschlägen
- Lighthouse (Chrome): Integriertes Tool mit Accessibility-Score
- Manuelle Tests: Tastaturnavigation, Screenreader NVDA, 200% Zoom
Die Barrierefreiheitserklärung
Das BFSG verlangt eine öffentliche Erklärung zur Barrierefreiheit. Diese muss enthalten:
- Konformitätsstand: Vollständig, teilweise oder nicht konform
- Nicht barrierefreie Inhalte: Liste mit Begründung
- Feedback-Mechanismus: Kontaktmöglichkeit für Nutzer
- Link zum Schlichtungsverfahren: Für Streitfälle
Die Erklärung sollte im Footer jeder Seite verlinkt sein, typischerweise unter /barrierefreiheit.
Konsequenzen und Chancen
Bußgelder bis zu 100.000 Euro sind möglich. Wettbewerber können abmahnen. Verbände haben Klagerecht. Die gute Nachricht: Wer erkennbar an der Umsetzung arbeitet, hat weniger zu befürchten.
Barrierefreiheit ist nicht nur Pflicht, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. 10-15% der Bevölkerung haben Einschränkungen. Barrierefreie Websites sind oft auch besser für SEO – klare Struktur und gute Alt-Texte helfen beiden Zielen.
Nutzen Sie unseren SEO Analyzer, der auch grundlegende Accessibility-Checks enthält.
Häufig gestellte Fragen
Gilt das BFSG auch für meine bestehende Website oder nur für neue Projekte?
Das BFSG gilt für alle betroffenen Websites, unabhängig vom Erstellungsdatum. Seit dem 28. Juni 2025 müssen sowohl bestehende als auch neue digitale Angebote die Anforderungen erfüllen. Es gab keine Übergangsfrist für Bestandsseiten.
Welche Strafen drohen bei Verstößen gegen das BFSG?
Bußgelder können bis zu 100.000 Euro betragen, abhängig von der Schwere des Verstoßes. Häufiger sind jedoch Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbände. Der Reputationsschaden kann schwerwiegender sein als die finanzielle Strafe.
Muss ich einen Experten beauftragen oder kann ich die Barrierefreiheit selbst umsetzen?
Viele Grundlagen wie Alt-Texte, Kontraste und Formularbeschriftungen können Sie selbst umsetzen. Für komplexere Anforderungen wie ARIA-Labels, Skip-Links oder umfassende Screenreader-Kompatibilität empfiehlt sich professionelle Unterstützung. Starten Sie mit den Grundlagen und holen Sie bei Bedarf Hilfe.